Da verfolgt einen nun schon das ganze Studienleben die Rede von den zwei Kulturen (den Geisteswissenschaften und den Naturwissenschaften), die ja auf C.P. Snow zurückgeht; und kaum liest man mal den Originaltext, relativiert sich das ganze. Snow schreibt aus einer ganz spezifischen Situation in den 1950er Jahren in England ein Plädoyer für eine Anerkennung und Verbesserung der Situation der Naturwissenschaften und der Technologien.
Hört man heute davon, ist aber aus diesem – eigentlich recht kurzen Text – die absolute Trennung und Unvereinbarkeit der beiden Wissenschaftsarten geworden.
Dabei war das gar nicht Snows Absicht, wie er in einem späteren Kommentar, aber auch im Text selbst, deutlich machte. Sein Ziel war es eher, die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Wissenschaftlern anzuregen und zu versuchen, die Kluft, die er sieht, zu schließen oder zumindest Brücken zu bauen.
Lohnt sich eben, in den Originaltext zu schauen.
Für heute finde ich den Text zwar historisch interessant, besonders was seine Zukunftsprognosen angeht; aber ich denke nicht, dass er noch Bedeutung im Sinne einer getreuen Beobachtung der Kulturen hat. Ich denke, da sind wir inzwischen weiter, wie Peter Kemp mit seiner Technologie-Ethik und fruchtbare interdisziplinäre Projekte bewiesen haben. Trotzdem könnte die Kommunikation verbessert werden und die Geisteswissenschaftlern den Naturwissenschaftlern und Technikern mehr Anerkennung entgegenbringen.
Genauer überlegt, hat der Text vielleicht doch noch Bedeutung als eine Gegensicht (aus meiner Perspektive) und als Anregung, weiterzudenken. Und weiterdenken kann wohl nie falsch sein…