Wiedereinmal bin ich über die Stelle in einer Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten gestolpert, die rät, das Kernproblem ausfindig zu machen und wie man den eigenen Lösungsweg am besten argumentativ vertritt. Auch wenn das manchmal auch in der Geschichtswissenschaft vorkommt, halte ich die meisten historischen Themen nicht für etwas, was heute Probleme aufwirft, die gelöst werden müssen. Vielleicht verstehe ich „Probleme“ und „lösen“ auch zu eng bezogen auf eine Handlungsmöglichkeit? Meist interessiert mich an vergangene Ereignissen einfach, wie es gewesen ist. Ganz naiv!
Ich bin mir durchaus bewusst, dass gegenwärtige Entwicklungen Einfluss auf die Sicht und das Interesse an Vergangenem haben – mein Interesse an den Gelehrten auf dem Wiener Kongress stammt auch aus einer aktuellen Diskussion um Wissenscommunities -, aber wirkliche Probleme stellt die Vergangenheit meist nicht. Diese Probleme können eventuell in der gegenwärtigen Bewertung von Geschichte verankert sein, zeigen damit aber eher gegenwärtige Probleme auf – mit denen sich eher Politologen oder Philosophen beschäftigen – als vergangene.
Ich bin mir noch nicht so sicher, wohin ich mit diesen unausgegorenen Gedanken will; fühle mich aber besser, mein Unbehagen mit der Aufforderung zum Problem lösen und für Lösungen argumentieren ausgedrückt zu haben.
Ich habe von meinem Blog aus einen Trackback gesendet, aber keine Ahnung, ob das auch richtig ankommt, also kopier ich es noch mal hierein.
Erstmal: Sehr schön hier 🙂 Wir brauchen mehr Historikerblogs 😉
Ganz abgesehen vom Interesse an Geschichte, studiere ich Geschichte (noch auf Magister) um Probleme besser erfassen und analysieren zu können. Natürlich kann man vor allem aus der Vergangenheit lernen. Viele der heutigen Entwicklungen haben genauso oder so ähnlich schon ein mal stattgefunden. Manche Phenomene wie z.B. Fremdenfeindlichkeit kommen oft in bestimmten Situationen auf. So kann man mit dem Wissen über Vergangenes Zukünftiges abschätzen.
Ganz davon abgesehen wird im Studium ein scharfes Auge geschult. Durch die Analyse von historischen Ereignissen lernt man auch heutige Dinge kritisch zu beurteilen. Dann eben auch nicht nur Stichpunkten wie „Ui, das ja blöd“ sondern man findet auch Ursachen und Wirkungen von eben diesen Ereignissen, die manchmal nur blöd scheinen.
Und zum Thema Problemlösung in der Geschichtswissenschaft: Es gibt vieles was noch nicht geklärt ist. Auch wenn das Thema mich nicht sehr interessiert, in einem Seminar ist uns aufgefallen, dass wir (und nicht nur wir) keine Ahnung haben, wie Bauern in einem bestimmten Gebiet gedüngt haben. Vielleicht haben sie irgendwoher Dünger importiert und hatten Handelsbeziehungen von denen niemand weiß (aber eher nicht) oder sie haben eine andere Art zu Düngen, die heute niemand mehr kennt, aber vielleicht wirtschaftlich wichtig sein könnte (wohl eher auch nicht ;-)). Aber was ich damit sagen will, es schlummern immer noch überall kleine Fakten, die auch heute einen großen Einfluss haben könnten.
Und ich bin ja auch angehender Politologe (rettet mich!). Politologen lösen strukturelle, gesellschaftliche und natürlich politische Probleme (was ist Politik?). Aber die Wissenschaften brauchen einander. Es gibt Dinge, die Philosophen besser können, die Historiker besser können und die eben Politologen besser können. Zusammen kann man ein sehr genaues Bild einer Situation machen, dass alleine an bestimmten Stellen unscharf wäre.
Ein Dozent für Medienpolitik war sehr froh über die Arbeit der Historiker zu dem Thema, weil durch die Arbeitsweise der Historiker die Fakten viel leichter zu erschließen waren. Bearbeitet und geforscht hat dann der Dozent, aber auf Basis der Arbeit der Historiker.
Sooo das war jetzt lang genug 😉
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