Für alle, die genau wie ein Freund von mir, die Zeit zwischen den Jahren dazu nutzen wollen, sich zu überlegen, ob eine Promotion nicht genau das richtige nach dem Studium für sie wäre, ein paar Überlegungen und Hinweise, die mir weitergeholfen haben.
Zunächst einige generelle Überlegungen: Üblicherweise dauert eine Promotion in den Geisteswissenschaften mindestens 3 Jahre. Auch wenn die meisten Stipendien und Graduiertenkollegs von zwei Jahren ausgehen, ist doch häufig eine einjährige Verlängerung bereits mitgedacht. Diese drei (oder mehr) Jahre zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass der Doktorand viel Selbstmotivation und Selbstdisziplin aufbringen muss, um die Dissertation durchzuziehen. Es gibt nämlich keinen festen Stundenplan mehr, keinen Abgabetermin und auch meistens keinen, der regelmäßig nach dem Stand der Dinge fragt. Sich letzteres zu besorgen, würde ich jedoch allen empfehlen.
Sucht Euch Leute, die im selben Boot sitzen und tretet Euch gegenseitig zur Arbeit!
Neben dem Kolloquium meines Doktorvaters arbeite ich mit einer Doktorandin besonders eng zusammen, die etwa alle 2 Monate von mir ein Update zur Diss erwartet und vice versa.
Ist die Entscheidung zur Promotion gefallen, wird ein Thema gebraucht. Sollte dabei etwas auf der Forscherseele brennen – umso besser. Meine Überlegungen bei der Themensuche waren vor allem, ob ich es drei oder mehr Jahre mit dem Thema aushalte (ich brauche eine gewisse Breite bei einem Thema),
ob ich das Thema mit einem sinnvollen Aufwand behandeln kann – das führte bei mir zu einer Einschränkung der zu untersuchenden Länder auf drei, wovon ich nur eine Sprache komplett neu lernen muss,
ob Quellen und Literatur zugänglich sind
und – ganz wichtig – ob ich das Thema wirklich als meine „Visitenkarte“ in der Wissenschaft angeben will.
Es liegt zwar noch in weiter Ferne, doch irgendwann wird jede Dissertation (in Deutschland) gedruckt und damit wird der Autor sichtbar in seiner Wissenschaftsgemeinde. In den Geschichtswissenschaften werden die Titel der beiden Qualifikationsschriften (also Diss und Habil) bei fast jeder Vorstellung eines Wissenschaftlers auf Tagungen oder bei Vorträgen genannt; ich vermute, in anderen Wissenschaften ist das ähnlich.
Eine ganz wichtige Vorüberlegung ist auch die Frage nach dem lieben Geld. Wer finanziert mir meine Brötchen, die benötigte Literatur, die Schokolade und die Archivreisen?
Im Prinzip gibt es da die Möglichkeit eines Stipendiums, manchmal im Rahmen eines Graduiertenkollegs, einer Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter (an einer Universität oder anderen Forschungseinrichtung) oder einer ganz außer-wissenschaftlichen Finanzierung (Stelle oder Eltern sind dabei die gängigen Methoden).
Bis die Finanzierung geklärt ist, kann es durchaus schon mal ein Jahr dauern. Besonders bei der Bewerbung um ein Stipendium sollte man frühzeitig anfangen, da der Entscheidungsprozess dauert. Zudem muß für ein solches erstmal ein ausführliches Exposé ausgearbeitet werden.
Literatur die mir bei der ersten Orientierung weitergeholfen hat, will ich hier auch nicht verschweigen:
Gunzenhäuser, Randi: Promovieren mit Plan. Opladen 2006
Messing Barbara; Huber, Klaus-Peter: Die Doktorarbeit. Vom Start zum Ziel. Berlin 2007
Nünning, Ansgar (Hg.): Handbuch Promotion. Stuttgart 2007
Das Internet war ebenfalls eine wichtige Informationsquelle. Der scholarz.net blog hat einiges zur Promotion zusammengetragen und spannende Artikel finden sich auch bei academics.de.
Das waren jetzt nur einige Fragen und ihre Antworten, die ich mir bei der Entscheidung zur Promotion gestellt haben. Weitere Überlegungen sind in den Kommentaren sehr willkommen.
Ich denke ein weiterer Punkt, den man in seine Vorüberlegungen mit einbeziehen sollte, ist die Frage warum man promovieren will.
Ist eine Promotion der erste Schritt in die wissenschaftliche Karriere oder einfach nur ein Titel den man gerne „besitzen“ möchte.
Welche Chancen (höhere Qualifikation, bessere Positionen, Voraussetzung für bestimmte Stellen) oder Hindernisse (noch längere wissenschaftliche Ausbildung, weniger oder keine Berufserfahrung in der Zeit oder Überqualifikation) bringt ein Doktor-Titel in der normalen Arbeitswelt – lohnt sich der Dr. für meine angestrebte Tätigkeit überhaupt?
Stimmt, man sollte sich klar sein, warum man den Aufwand betreibt. Je nach Ziel, würde ich auch andere Überlegungen anschließen: wenn ich nur den Titel brauche (z.B. für den höheren Archiv- oder Bibliotheksdienst), bieten sich eng begrenzte Themen an, wo die wichtigsten Quellen und Literatur gut erreichbar sind.
Die Frage hatte sich für mich nur weniger gestellt, da ich mich an der Uni so pudelwohl fühle, dass ich sie nur ungern verlassen möchte 🙂